Zurück

Hidden Champions am Bayerischen Untermain | Interview mit Dipl. Ing. Holger Birkholz

Z! DAS ZUKUNFTSMAGAZIN im Interview mit Dipl.-Ing. Holger Birkholz, Leiter der Konstruktionsabteilung bei der haacon hebetechnik gmbh.

Z! Seit wann gibt es Ihr Unternehmen und was macht haacon eigentlich?

Die heutige haacon hebetechnik gmbh blickt auf ihre Wurzeln zurück, die 1872 durch die Brüder Josef und Ludwig Haamann gelegt wurden. In der Blütezeit der Steinmetzindustrie stellten die Gebrüder Haamann Zahnstangenwinden zum Anheben der Felsblöcke her. 1904 schied Josef Haamann aus der Firma Gebrüder Haamann aus und gründete in Kirschfurt (Bayern) die Josef Haamann Winden- und Hebezeugfabrik, die seit 1981 als Kapitalgesellschaft dem Namen haacon hebetechnik gmbh firmiert. Die drei Techniken, auf denen unser Unternehmen seine Produkte basiert, sind die Spindel, die Zahnstange und das Seil.

Unser Unternehmen bietet heute Lösungen für das Heben, das Bewegen und das Abstellen von Lasten von 20 kg bis zu 25 Tonnen an. Dies sind beispielsweise Absattelstützen im Bereich der Nutzfahrzeugindustrie, Zahnstangensysteme im Bereich der Wasserwirtschaft wie Schützzüge bei Kanälen und Kleinwasserkraftwerken, Elektroseilwinden und Container-Logistiksysteme für die Anwendung in zivilen und militärischen Bereichen.

Was sind Ihre wichtigsten Absatzmärkte?

Unser wichtigster Absatzmarkt ist Deutschland mit etwa 50% unseres Umsatzvolumens, gefolgt von Frankreich mit etwa 20% des Volumens. Primär bedient haacon die europäischen Märkte, wobei anzumerken ist, dass der Anteil in Osteuropa in den vergangenen Jahren erfreulicherweise zu genommen hat. Außerhalb Europas bieten wir auch unsere Container-Hebesysteme im militärischen Transportumfeld an. Hier sind insbesondere die Märkte USA und Israel zu nennen.

Was zeichnet Ihre Produkte aus?

Unsere Produkte zeichnen sich vor allem  durch eine sehr hohe Qualität und lange Nutzungs- und Lebensdauer aus. Mit einem Prozentsatz von 0,1-0,2% gemessen am Umsatz, haben wir eine sehr niedrige Reklamations- und Gewährleistungsrate. Insbesondere in den letzten Jahren verstärkt sich die Tendenz hin zu kundenspezifischen Lösungen, sowohl bei Komponenten als auch vor allem bei Hebesystemen.

Wie gewinnen Sie neue Kunden?

Wir konnten über die langen Jahre unserer Aktivität in den jeweiligen Teilsegmenten bzw. Teilmärkten eine gute und solide Reputation gewinnen. Unsere Kunden sind mit unserem Produktspektrum und unseren Leistungen zufrieden und werben für uns. Neben den Investitionen in unsere Produkte und Maschinen haben wir insbesondere in den letzten Jahren auch unseren Außendienst gestärkt. Wir gehen pro-aktiv auf unsere Kunden oder potenziellen Kunden zu. Wir „forschen” nach den Problemen, oder besser, nach den Bedürfnissen, die unsere Kunden in ihren Firmen oder Märkten haben. Über diesen Dialog sind wir sehr, sehr oft in der Lage, konstruktiver Partner für unsere Kunden zu sein und sie für uns zu gewinnen.

Natürlich sind wir auch in den digitalen und sozialen Medien unterwegs, schalten auch klassische Printwerbung. Wir sind auf unseren Branchenmessen präsent, wie z. B. auf einer IAA Nutzfahrzeuge in Hannover, oder der französischen Pollutec in Lyon, die besonders in dem Markt der Wasserwirtschaft in Europa eine Führungsrolle beansprucht.

Was zeichnet Sie als Hidden Champion aus?

Wir sind da eher zurückhaltend und sehen uns als konservatives, kleines, mittelständisches Unternehmen. Viel wichtiger finden wir die Ergebnisse, die wir liefern, als uns als „Hidden Champion” zu betiteln. Nichtsdestotrotz haben wir in den jeweiligen Nischenmärkten, die wir besetzen, einen Namen.

Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?

Ich würde es nicht als Geheimnis bezeichnen. Wir haben ein sehr hohes Qualitätsniveau unserer vorwiegend in Deutschland produzierten Komponenten und Systeme. Unsere Firmenpolitik ist eine Vorwärtsstrategie, die darauf abzielt, aktiv auf den Kunden zuzugehen und Lösungen für kundenspezifische Probleme zu liefern. Der Spagat zwischen Vertrieb und technischer Umsetzung, die ihre Zeit braucht, ist für uns als produzierendes Unternehmen eine große Herausforderung. Aber wir arbeiten permanent und sehr erfolgreich daran.

Macht sich der Fachkräftemangel bei Ihnen bemerkbar?

Wir haben in der Tat Schwierigkeiten, gute Fachkräfte zu finden. Auf der Facharbeiterebene kommen die Mitarbeiter größtenteils aus den eigenen Ausbildungsbemühungen. 30% der Auszubildenden bleiben im Unternehmen, viele verlassen uns und gehen z.B. auf weiterbildende Schulen. Im Hinblick auf Meisterstellen bieten wir qualifizierten Mitarbeitern an, die Meisterausbildung in Vollzeit zu absolvieren und stellen sie dafür ab. So versuchen wir, unseren Führungsnachwuchs heranzuziehen und zu halten.

Was können Sie künftigen Arbeitnehmern bieten, was „die Großen” nicht können?

haacon hebetechnik ist in seinen Strukturen nicht so festgefahren. Wir können schnell auf Veränderungen reagieren und auch individuelle Lösungen bieten. Dazu kommt noch, dass wir uns als „Familie“ sehen und somit einen Antrieb in uns haben, das Beste abzuliefern. Pünktlichkeit, Ordnungssinn, Gewissenhaftigkeit, Zielstrebigkeit, Zuverlässigkeit sind nur einige unserer Bestrebungen hinsichtlich Produkt und auch Kunde.

Soziale Aspekte werden bei uns groß geschrieben. 30 Tage Urlaub sind nicht mehr in allen Unternehmen üblich, aber wir halten daran fest. Neben einer Betriebsrente, Gesundheitsprämien und einer eigenen Kantine sind es vor allem anspruchsvolle Tätigkeiten, die wir unseren Mitarbeitern bieten können. Viele Arbeitsbereiche fließen ineinander, das macht die Arbeit vielschichtig und herausfordernd.

Wie machen Sie haacon fit für die Digitalisierung?

Wir sind vor allem in der Administration und im Vertrieb auf dem aktuellen Stand der Technik. Im Produktionsbereich muss man sich die Frage nach dem Kosten-/Nutzenverhältnis stellen. Bei Serienherstellern ist das natürlich leichter, als wenn man beispielsweise nur 5 Systeme produziert. Unser Unternehmen ist noch traditionell aufgestellt. Wir haben Maschinen, die teilweise 40 Jahre alt sind und hochspezialisierte Komponenten herstellen. Dies bedeutet einen extrem hohen Qualifikationsgrad der Mitarbeiter. Das lässt sich nicht so einfach digitalisieren. Im CNC-Bereich werden viele Maßnahmen unternommen, um Arbeitsschritte intelligent zu programmieren.

Was sind die strategischen Pläne von haacon für die Zukunft?

Im Bereich der kundenbezogenen Projektkomponenten in der Hebetechnik sehen wir noch einige Potenziale. Im Bereich der intelligenten, elektromechanischen Systeme und Steuerung wollen wir unsere Marktposition weiter stabilisieren und ausbauen. Darüber hinaus streben wir nach einer soliden Personalsituation und haben viele unserer Führungsfunktionen aus eigenen Reihen durch jüngere Kollegen/innen besetzen können. Nachfolgeregelungen besitzen bei uns eine hohe Priorität.

Welche Vorteile bietet Ihnen der Standort „Bayerischer Untermain”?

Ein Vorteil ist die Verbundenheit der Mitarbeiter zur Region und zum Unternehmen. Der Standort in dieser ländlichen Region geht natürlich auch einher mit einer geringeren Kostenstruktur hinsichtlich des Lebensunterhalts. Die Landschaft in der Region Bayerischer Untermain bietet aber auch eine hohe Lebensqualität.

Quelle: Z! Das Zukunftsmagazin